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Die Auferweckung des Lazarus (Tintoretto, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons)

Das Gellert Ensemble unter Leitung von Andreas Mitschke brachte das Oratorium »Die Auferweckung des Lazarus« von J.C.F. Bach zur Aufführung.


Das Konzerte fand am 20.11.2021 in der Paul-Gerhardt-Kirche in Leipzig Connewitz statt.

Projektinfo

Mit der Leipziger Erstaufführung des Passionsoratoriums »Die Pilgrime auf Golgatha« von Johann Christoph Friedrich Bach stand im März 2020 ein Highlight für die (Leipziger) Bach-Gemeinde im Kalender. Doch dann machte das SARS-CoV-2-Virus diesem von langer Hand geplante und erwarteten Ereignis einen Strich durch die Rechnung. An Bedeutung hat das Werk des vierten komponierenden Bach-Sohns auch ein Jahr später in keinster Weise eingebüßt, ganz im Gegenteil!
Mit der Devise: »jetzt erst recht!« nehmen wir das Projekt der Heimkehr Johann Christoph Friedrich Bachs neu auf. Aufgrund des kirchenjahreszeitlichen Bezuges steht auf dem Programm nun aber nicht das Passionsoratorium »Die Pilgrime auf Golgathe« sondern das Oratorium »Die Auferweckung des Lazarus«, eine in bildender Kunst wie auch Musik gerne dargestellte Bibelgeschichte aus dem Johannes-Evangelium.

Die Expressivität der von Johann Christoph Friedrich Bach (1732-1795) verwendeten stilistischen Mittel sucht dabei ihresgleichen. Neben dem breiten Tonartenspektrum sei vor allem der lautmalerische Satz der Accompagnato-Rezitative hervorgehoben, der mit unzähligen Affekt-, Tempo- und Harmoniewechseln ganz ausgezeichnet den Text ausdeutet.

Johann Christoph Friedrich Bach war von seinem 18. Lebensjahr bis zu seinem Tod 45 Jahre ununterbrochen in Bückeburg tätig, an einem, trotz des ungemein kunstsinnigen Regenten, kleinen Hof, der nie eine ausgeprägte musikalische Strahlkraft erreichte.
Gerade im Spiegel der Geschichte wird der Bückeburger Bach oft als der unbedeutendste der vier komponierenden Bach-Söhne bewertet. Bezeichnend der Ausspruch des deutschen Intellektuellen Carl Friedrich Cramer über die Söhne Johann Sebastian Bachs: »Er hatte deren drey: Christian Bach, Carl Philipp Emanuel Bach, und Friedemann Bach; (den vierten in Bückeburg rechne ich nicht mit dazu; weil der nicht eigentlich zu den ... Bachen gehört).«
Bescheiden war das Leben des Johann Christoph Friedrich Bach wohl, etwas, dass sich heute kaum guten Gewissens über sein breitgefächertes Ouevre behaupten lässt. Im Gegenteil, dieser Bach-Sohn ist ein genialer Brückenbauer zwischen dem ausklingenden Barock und der sich herausbildenden Klassik.

Aufgrund der Kürze des Werkes (ca. 1 Stunden) und der im Vergleich zu den »Pilgrime« kleineren Orchesterbesetzungs können wir mit diesem Werk deutlich flexibler an die Planung des Konzertes in der Leipziger Paul-Gerhardt-Kirche herangehen. Zudem sind wir froh, mit dem Leipziger Klassik-Label Genuin gemeinsam für einen hochqualitativen Audiomitschnitt dieses selten gespielten Werkes garantieren zu können.

Gellert Ensemble

Gellert Ensemble (Foto: Benno Hoppe)

Gellert Ensemble (Foto: Benno Hoppe)

»Ein Format das dringend nötig ist!«, so ermutigt Ton Koopman die Arbeit dieses Ensembles. Junge Barockmusiker aus Mitteldeutschland bekommen hier die Möglichkeit, historische Aufführungspraxis auf höchstem Niveau zu realisieren und dabei mit ihrer jugendlichen Spielfreude zu begeistern.Das Ensemble formierte sich 2014 zunächst als »Junges Mitteldeutsches Barockensemble« und tritt seit 2021 unter dem Namen »Gellert Ensemble« auf. Chor und Orchester stehen unter der musikalischen Leitung von Andreas Mitschke und dem Management von kultur_nah.

Auftakt und vielversprechender Glanzpunkt der musikalischen Arbeit bildeten Konzerte mit Martin Petzold sowie Auftritte im Rahmen des Stadtfest »1000 Jahre Leipzig« und der Reihe »Schütz im Grassi« mit Werken von Schütz, Schein, Rosenmüller und Bach. Aufführungen von J.S. Bachs Bauernkantate (u.a. an der historische Originalstätte, dem ehemaligen Rittergut Kleinzschocher) sowie der Bachschen Johannespassion mit dem Ensemble Amarcord zeigten das hohe professionelle Aufführungsniveau der jungen Musiker ebenso wie außerordentliche stimmliche Leistung und Ausdruckskraft der jungen Ensemblesänger.

Im Jahr 2017 wurde das Ensemble für Konzerte im Rahmen des »Kirchentages auf dem Weg«, der »Sächsischen Länderwoche in der Lutherstadt Wittenberg« und für das kulturelle Rahmenprogramm des »Weltkongresses der Reformierten Kirche« ausgewählt. Im Oktober 2018 führte das Junge Mitteldeutsche Barockensemble in der Leipziger Thomaskirche Händels »Messiah« in der neu im Verlag Breitkopf & Härtel erschienen kritischen Neuausgabe des Herausgebers Malcolm Bruno erstmalig in Deutschland auf.

Kernrepertoire des Ensembles bilden Werke mitteldeutscher Komponisten. Dieses reiche kulturelle Erbe auf höchstem Niveau lebendig zu halten und durch Einspielungen und internationale Auftritte zu repräsentieren, ist erklärtes Ziel des Jungen Mitteldeutschen Barockensembles. Die Bandbreite der musikalischen Projekte reicht dabei von Barockopern, Instrumentalkonzerten und Kantatenaufführungen bis zu Educationprojekten. Mit jugendlichem Enthusiasmus begeistert das Ensemble junge Musiker und Zuhörer gleichermaßen für Alte Musik und historische Aufführungspraxis.

Andreas Mitschke

Andreas Mitschke, © Michael Ehritt

Andreas Mitschke, © Michael Ehritt

Nach einer ersten Karriere als Turniertänzer studierte der gebürtige Leipziger Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Kirchenmusik in Leipzig und Weimar bevor er sich auf das Dirigieren fokussierte. Erfahrungen sammelte Andreas Mitschke als Assistent des MDR-Kinderchores und stellvertretender Chordirektor des Suhler Knabenchores und der Singakademie Suhl. Wichtige Anregungen boten Kurse und Hospitationen bei Sir Roger Norrington, Thomas Hengelbrock, Simon Halsey, Ton Koopmann und Johannes Schläfli. 2007 gründete er das Ensemble enchore leipzig aus ehemaligen Sängerinnen des MDR Kinderchores, mit dem er zu Wettbewerben und Konzerten im In- und Ausland auftrat. Mit ihnen errang er u.a. den 1. Platz beim Sächsischen Chorwettbewerb 2009. Zahlreiche Rundfunk- und Fernsehaufnahmen dokumentieren diese Arbeit. Seit 2014 leitet er den Jazzchor InTune des Konservatoriums Halle.

Seine Open-Air Aufführung des Verdi-Requiems in Dresden wurde 2011 mit dem 1. Kulturpreis der EKD ausgezeichnet. Des Weiteren übernahm er im selben Jahr die Einstudierung der Chorpartien für GMD Frank Beermann (Wagner: Tristan und Isolde) für die Wagnerproduktion der Nordwestdeutsche Philharmonie. 2015 dirigierte er Wagners »Liebesmahl der Apostel« und seine Symphonie C-Dur zu den internationalen Wagnerfesttagen Leipzig. Andreas Mitschke arbeitet mit internationalen Solisten wie Matthias Kirschnereit (Klavier), Ragna Schirmer (Klavier), Gustav Rivinius (Cello), Ingolf Turban (Violine) und war u. a. beim MDR-Musiksommer, dem Bachfest Leipzig, den Gezeitenkonzerten Ostfriesland, Women in Jazz, den Salzgitter Musiktagen, in der Thomaskirche Leipzig und im Gewandhaus Leipzig zu erleben.

Andreas Mitschke konzertiert mit Orchestern wie der Staatskapelle Halle, der Jenaer Philharmonie, der Anhaltischen Philharmonie Dessau, der Magdeburgischen Philharmonie, dem Sächsischen Bläserphilharmonie, dem Mendelssohn Kammerorchester und der Hannoverschen Hofkapelle.

In den vergangenen Jahren leitete Andreas Mitschke Chorsymphonische Großveranstaltungen wie Ralph Vaughan Williams »A Sea Symphony« im Leipziger Gewandhaus, die OpenAir-Performance »Zum Licht« als Hauptveranstaltung für den »Kirchentag auf dem Weg« auf dem Leipziger Marktplatz oder das Festkonzert zur »Festwoche der Reformation« mit der Aufführung Mendelssohns 5. Sinfonie »Reformation« und 2. Sinfonie »Lobgesang« gemeinsam mit der Staatskapelle Halle.

Mit dem von ihm gegründeten Jungen Mitteldeutschen Barockensemble (Chor und Orchester) leitete er in Kooperation mit Deutschlandfunk Kultur und dem Breitkopf-Verlag im Oktober 2018 die deutsche Erstaufführung von Händels Messiah in der Neuausgabe von Malcolm Bruno nach Händels autographer Partitur.

Seit 2018 ist Andreas Mitschke Dozent für eine Conducting Masterclass in China.