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Musik kann eine wichtige Brücke zum Austausch und Kontakt zwischen den Kulturen darstellen. »ostwärts« widmet sich diesem Anliegen mit Konzerten im Herbst 2023, die einen besonderen Fokus auf dem Deutsch-Polnischen Kulturaustausch legen.

Straßenschild Via Regia
Straßenschild Via Regia

Die Stadt Leipzig lag bereits im Gründungsjahr 1165 prominent in der Mitte Europas, an der Kreuzung zweier bedeutender Handelsrouten: Die Via Regia führte vom spanischen Santiago de Compostela nach Kiew, die Via Imperii aus dem damaligen Königreich Polen (Stettin) bis nach Rom. Zentral im Selbstverständnis der Messe-, Handels-, Buch-, Universitäts- und Musikstadt sind daher seit jeher der Austausch und Kontakt mit fremden Kulturen. In unserem Zeitalter, das von zunehmenden politischen und vermeintlich interkulturellen Spannungen geprägt ist, können Hochkultur und insbesondere die Musik eine wichtige Brücke bilden, die eine bleibende Verbindung schafft und für wertvollen Austausch sorgt. »ostwärts« widmet sich diesem Ansinnen mit einem besonderen Fokus auf dem Deutsch-Polnischen Kulturaustausch.

Iacobus Gallus’ (1550-1591) Lebensweg führte ihn fast durch den gesamten Osten Europas: Geboren auf dem Gebiet des heutigen Sloweniens (Herzogtum Krain), war er zunächst Singmeister im niederösterreichischen Melk, wobei er später in verschiedenen Positionen vor allem in Polen und Tschechien wirkte. In Gallus begegnen wir zunächst einem der fruchtbarsten und bedeutendsten Komponisten des 16. Jahrhunderts. Obwohl seine Ausbildung in keiner größeren Metropole stattfand, wusste er offensichtlich über die neuesten kompositorischen Entwicklungen seiner Zeit bestens Bescheid. Kompositionstechnisch nämlich basieren Gallus’ Werke auf der Vokalpolyphonie der Niederländer, beziehen jedoch schon früh Mehrchörigkeit sowie harmonische Flächenbildungen der venezianischen Schule mit ein. Wunderbar vereint die Missa super »Sancta Maria« à 6 (1580) diese kompositorischen Eigenschaften und profitiert dabei merklich von Gallus' reichhaltigem Erfahrungsschatz.

Paweł Łukaszewski (*1968) ist seit geraumer Zeit der Shootingstar unter den polnischen Komponisten. In »ostwärts« bilden seine Responsoria Tenebrae (2012) das ideale Gegenstück zu Gallus’ Messe. Die fünf höchst abwechslungsreichen Sätze greifen den Topos der Karwochenliturgie auf und loten dabei ein wahnsinnig weites Klang- und Emotionsspektrum aus. Von seinem Lebensmittelpunkt in Warschau aus ist er durch zahlreiche Lehr- und Kompositionsengagements polnischer Kulturbotschafter im Rest Europas und der ganzen Welt.

Henry Purcell (1659-1695) stößt mit seiner eindrücklichen Motette Remember not, Lord, our offences die Tür zu diesem Programm auf. Während der Motettentext als Teil des Gebetbuches Book of Common Prayer eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzt, schlägt er in diesem Programm die thematische Brücke zwischen den Anbetungswelten von Passion und Messe. Von Beginn an wird also das idealisierte Bild der Erlösung, der Vergebung und der Barmherzigkeit in den Vordergrund gestellt.

Mit »ostwärts« stellt das Vokalsextett voicemade zwei der größten osteuropäischen Komponisten von Vokalmusik einander gegenüber - gleichzeitig wird auch die Klangsprache der Renaissance-Epoche mit den modernen Harmonien des 21. Jahrhunderts konfrontiert. Gerade in diesen Zeiten ist es eminent wichtig, den kulturellen Austausch zu stärken. Mit »ostwärts« soll zumindest ein kleiner Beitrag dazu geleistet werden, genauso wie Begeisterung für die leider immer noch oft vernachlässigte oder schlichtweg unbekannte Musik aus dem Osten Europas entfacht werden soll.

Konzertprogramm

Henry Purcell Remember not, Lord, our offences (1680)
Iacobus Gallus Missa super »Sancta Maria« à 6 (1580)
Paweł Łukaszewski Responsoria Tenebrae (2012)

Ensemble voicemade

Ensemble Voicemade, Foto: Henriette Jopp

Ensemble Voicemade, Foto: Henriette Jopp

Das Vokalsextett voicemade hat seine Wurzeln in der für ihre hochqualitative a Cappella-Szene bekannten Musikstadt Leipzig. Seit 2017 begeistert das gemischtstimmige Ensemble sein Publikum mit abwechslungsreichen Konzertprogrammen in ganz Europa.

Das Repertoire von voicemade ist vielfältig: geistliche Werke der Renaissance und barocke Motetten, romantische Werke bekannter wie auch in den Hintergrund geratener Komponisten bis hin zu Ur- und Erstaufführungen aus dem weiten Feld der zeitgenössischen Musik bilden einen reichen Schatz der Vokalmusik. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der enormen Bandbreite von Kompositionen des 20. und 21. Jahrhunderts. Weltliche Werke aller Epochen sowie beschwingte Arrangements bekannter Songs aus dem Pop-Jazz-Genre runden das facettenreiche Programmangebot des Ensembles ab. Gerade der Kontakt zu jungen Komponistinnen und Komponisten führt zu zahlreichen Uraufführungen und neuen Arrangements bekannter Werke.

Neben der klanglichen Homogenität schätzen Publikum, Veranstalter und Medien die jungen Sängerinnen und Sänger auch wegen der ausgefallenen Programmgestaltung. So hat der Westdeutsche Rundfunk im Dezember 2021 voicemade zu einer Konzertaufzeichnung eingeladen, die an Heiligabend 2021 auf WDR 3 zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurde. Das Vokalsextett ist in namhaften Konzertreihen und bei Musikfestivals sehr gern eingeladener Gast. Viel musikalische Abwechslung ist garantiert. Ein faszinierender Klang ebenso. Und alles komplett voicemade.

https://voicemade-ensemble.com/